Garten Eden
- Sabine Fischer
- 19. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen
"Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat."
Johannes 3:16
Er ist ein alleinerziehender Vater und er ist reich, unermesslich reich. Er ist so reich, dass sein Reichtum niemals enden wird. Genau dieser Mann sucht ein Kindermädchen für seinen Sohn. Doch er sucht nicht irgendein Kindermädchen - er sucht mich. Ja, mich …
Ich spüre, dass er mich liebt, dass er mich schon immer geliebt hat. Er weiß von jeher, dass es mich gibt und nun ist die Zeit gekommen, dass er mich zu sich holen will. Er ist sich seiner Sache absolut sicher. Er hat die ganze Zeit auf mich gewartet. Er würde auch weiterhin so lange auf mich warten, bis ich bereit war, mich in seinem Leben zu zeigen.
Doch er ist nicht ungeduldig. Er ist voller Langmut und hat alle Zeit der Welt. Ich kann deutlich spüren, dass er tatsächlich auf mich wartet, doch immer noch gibt es Befürchtungen in mir, dass er nicht wirklich mich meinen könnte. Aber er meint mich, genau mich und ich kann sein beständiges, lautloses, liebevolles Rufen hören. Irgendetwas zieht mich magisch zu ihm hin.
Ich weiß, dass Geld für ihn keine Rolle spielt und materielle Dinge für ihn so selbstverständlich sind, dass er ihnen keine besondere Bedeutung zumisst. Er hat nur einen einzigen Wunsch - er will mich glücklich sehen, er will mich mit allem beschenken, was mein Herz begehrt. Er will mich lieben, halten und tragen und er will, dass ich mich um nichts kümmern muss. Ich soll den Kopf frei haben für das, was ich wirklich tun möchte.
Er will es mir möglich machen, so leben zu können, wie es meinen Neigungen entspricht. Ich soll meine Talente verwirklichen und Dinge tun können, die mein Herz zum Singen bringen und mich glücklich machen. Und das wäre genau das, was wiederum ihn zutiefst beglücken würde. Er will mir den Raum geben, meine Fähigkeiten zu entwickeln und zur Blüte zu bringen.
Jetzt liegt er ganz entspannt auf einem Liegestuhl in seinem Garten und sein Sohn spielt zu seinen Füßen. Es ist ein wunderschöner und sehr gepflegter Garten und auf einmal stellt sich mir eine Frage ...
Was ist der Grund dafür, dass dieser Mann ein Kindermädchen für seinen Sohn sucht? Er liebt seinen Sohn über alles, er ist das Wichtigste in seinem Leben und ich spüre genau, dass er nicht wirklich ein Kindermädchen für ihn braucht. Wieso also will er ihn in fremde Hände geben?
Auf einmal weiß ich die Antwort. Er muss den Weg über seinen Sohn gehen, weil ich anders niemals auf ihn aufmerksam geworden wäre. Er musste mir seinen Sohn anbieten, damit ich zu ihm finden kann ...
Da hörte ich ihn rufen: "Wo bist du?" Er meint mich, er meint wirklich mich und er weiß, dass ich mich ganz in der Nähe befinde. Zu meiner Überraschung höre ich mich selbst antworten: "Ich bin hier!", doch ich kann niemanden sehen.
Mein Blick fällt auf ein Maisfeld, das direkt an den Garten grenzt und schon sehr hochsteht. Und dann entdecke ich mich selbst. Ich halte mich in dem Maisfeld versteckt, weil ich Angst davor habe, mich zu zeigen. Ich habe Angst davor, gesehen zu werden, so gesehen zu werden wie ich bin.
Ich kann mich selbst sehen, wie ich immer wieder in die Höhe springe, um einen Blick über die Maispflanzen in den Garten werfen zu können. Gleichzeitig habe ich die Hoffnung, dass er mich in meinem Versteck entdecken und dort herausholen würde.
Doch er hat nicht vor, mich aus dem Maisfeld zu holen, das muss ich selbst tun. Er hat Zeit und er würde auf mich warten. Er würde so lange auf mich warten bis ich bereit war, meine schützende Deckung zu verlassen und mich ihm zu zeigen.
In diesem Moment wird mir bewusst, welche Angst ich vor seiner Liebe habe. Er hat mir so viel zu geben, er will mir alles geben und ich habe Angst, so viel Liebe nicht verkraften zu können und vor allem, dieser Liebe nicht würdig zu sein. Ich spüre, dass er mich genauso liebt - genauso wie ich bin - und trotzdem habe ich immer noch Angst.
Er weiß aber ganz genau, dass ich erst dann bereit sein werde, all das empfangen zu können, was er mir schenken will, wenn ich mich ihm zeigen kann. Und mich ihm zeigen zu können bedeutet gleichzeitig, mich selbst anzunehmen wie ich bin.
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Ich glaube, dieser Traum braucht keine Deutung.